BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg

Artenschutz und Kugelahorn

15. Januar 2023

15.01.2023, Windeck: Seit einigen Tagen sind die Kugelahornbäume an der Sieg in Dattenfeld gefällt. Trotz massiver Intervention der Bürger*innen. Mit öffentlichen Geldern wurde für ein kleines Wegestückchen Natur und Identität abgebaut und nicht aufgebaut und dies, obwohl selbst ein Verband wie der ADFC formulierte, ein Engpass an dieser Stelle und der Erhalt der Bäume sei für Fahrradfahrer*innen hinnehmbar. Die vom BUND stets kritisch eingeschätzte Planung der Neugestaltung des Dattenfelder Siegufers wäre bei einem Erhalt der Bäume, dauerhaft oder für eine Übergangszeit, noch nicht einmal in Frage gestellt worden.

Nach dem Nachweis der Nutzung von Baumhöhlen im Kugelahorn durch den Abendsegler, einer Fledermausart, kam es nicht zu dem vom BUND ausdrücklich erbetenen Gespräch mit der Gemeinde und der Bezirksregierung. Ein solches Gespräch sei nicht nötig, hieß es. Stattdessen wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, das nach der inzwischen zeitlich abgeschlossenen Balzzeit des Abendseglers freilich keinen eigenen Detektor-Nachweis der Art mehr erbrachte. Wer zur falschen Zeit schaut (bzw. horcht), kann leicht das Fehlen einer Art feststellen. Die Eignung der Höhlen wurde trotz des vorherigen Befunds in Zweifel gezogen.

Statt die fachlichen Vorgaben des Ministeriums für vorlaufende Artenschutzmaßnahmen bei wegfallenden Quartieren umzusetzen, verwies man regelmäßig auf Ersatzfledermauskästen, die installiert worden seien. Der Ersatz für wegfallende Balzquartiere sieht aber in den Fachgutachten des Ministeriums weitere Maßnahmen vor, z.B. die Stilllegung von Waldflächen, da es das Ziel ist, neue Ersatz-Naturhöhlen entstehen zu lassen. Nistkästen sind nur eine vorübergehende Ad-Hoc-Maßnahme. Ersatz-Balzquartiere sollten zudem möglichst ufernah bereitstehen. Statt das Artenschutzrecht zu vollziehen und die Fällungen zumindest bis zur Umsetzung von einwandfreien vorlaufenden Artenschutzmaßnahmen aufzuschieben, verwies die Genehmigungsbehörde auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Wegfall von lediglich einzelnen Quartieren rechtlich nicht erheblich sei.

Das Urteil setzte sich allerdings mit der Bechsteinfledermaus und dem FFH-Gebietsschutzrecht, nicht aber mit dem Abendsegler und dem Artenschutzrecht auseinander. Für den Abendsegler sind nämlich alle Balzquartiere relevant. Er nutzt, anders als die Bechsteinfledermaus im Fall von Wochenstuben, Höhlen nicht im Wechsel, sondern die Höhlen werden gleichzeitig für eine Vielzahl von werbenden Männchen während der Balz benötigt. Die Aussage, der Wegfall sei nicht relevant, war zudem fachlich kaum möglich, weil eine Kenntnis über den Gesamtumfang der Höhlen am Siegufer in Dattenfeld gar nicht vorliegt. Es bleiben Fragen im Raume stehen, die politisch aufzuarbeiten sind:

  • Warum haben sich beide Behörden, Gemeinde und Bezirksregierung, hier dem erbetenen fachlichen Austausch verschlossen und stattdessen sichergestellt, dass trotz der begründeten Einwände die Fällmaßnahmen durchgeführt werden konnten.
  • Warum erfolgte die Klärung der Quartiersnutzung nicht mittels genetischer Proben aus den Höhlen? Das wäre auch nach der Balzzeit möglich gewesen. Wie hoch war das Aufklärungsinteresse?
  • Warum wurden nicht ergänzend überzeugende Artenschutzmaßnahmen
    festgesetzt?
  • Warum wurden die Fällmaßnahme nicht wenigstens um ein, zwei Jahr
    gestreckt, um den Artenschutz gemäß den fachlichen Vorgaben regelkonform
    vollziehen zu können?
     

Der Fall der gefällten Kugelahornbäume zeigt einmal mehr, dass die Suche nach konstruktiven Problemlösungen sehr erschwert wird. Die Wucht von Umsetzungsinteressen behindert den Rechtsvollzug und die gemeinsame Suche nach ausgleichenden Lösungen.

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